Verhaltensauffälliger Wolf in Schleswig-Holstein

Ein verhaltensauffälliger Wolf ist am Wochenende im Kreis Herzogtum Lauenburg östlich von Mölln in eine Schafsherde eingedrungen. Vier Schafe wurden verletzt, zwei davon starben. Der Rest der Herde wurde auseinandergetrieben. Wie das Umweltministerium am 23. Februar 2015 mitteilte, verhielt sich der betreffende Wolf im Vergleich mit allen bisherigen Erfahrungen höchst ungewöhnlich. Während sich Wölfe in
Anwesenheit von Menschen im Allgemeinen sehr scheu zeigen, war es im vorliegenden Fall schwierig, das Tier aus der Schafherde zu vertreiben. Obwohl sich die vor Ort befindlichen Personen dem Tier auf unter zehn Meter näherten, gelang es erst nach einiger Zeit, den Wolf von den Schafen zu trennen und zu vertreiben. Aggressiv gegenüber den Menschen zeigte sich das Tier aber nicht.

Der Schafhalter hatte kurzfristig den ehrenamtlichen Wolfbetreuer aus der Region benachrichtigt. Als er eintraf, war der Wolf noch vor Ort. Er half, das Tier zu verscheuchen. Das ebenfalls benachrichtigte
Wolfsinformationszentrum Schleswig-Holstein im Wildpark Eekholt nahm unverzüglich Kontakt zum Umweltministerium auf. Aufgrund der beschriebenen Verhaltensauffälligkeiten und der hierdurch zu befürchtenden Gefahren, die von dem Tier ausgehen könnten, erteilte das Ministerium dem zuständigen
Wolfsbetreuer Genehmigung, das Tier gegebenenfalls mit Gummigeschossen zu verscheuchen oder es in letzter Konsequenz zu töten.

Wie hoch der entstandene Schaden letztlich sein wird, kann derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden, da noch nicht alle Tiere wieder eingefangen werden konnten. Um weitere Übergriffe auf Schafherden in der Region zu verhindern, wurden die betreffenden Schafhalter im Umfeld des Vorfalls durch das Wolfsinformationszentrum mobile Elektrozäune versorgt. Darüber hinaus wurden von den verletzten Schafen Abstriche genommen, um im Rahmen genetischer Untersuchungen weitere Informationen über den Wolf zu erhalten.

Im Zusammenhang mit dem Angriff dieses Wolfes auf eine Schafherde nahe Mölln haben sich inzwischen einige neue Erkenntnisse zu dem Tier ergeben. Demnach wurde höchstwahrscheinlich dieser Wolf bereits zuvor einige Male in Mecklenburg-Vorpommern beobachtet. Auch hier zeigte sich der Wolf auffällig vertraut:

Am 19. Februar 2015 wurde das Tier in der Gemeinde Vellahn beobachtet. Einen Tag später hielt der Wolf sich morgens zwei Stunden im Ort Rodenwalde auf. Hier lief er im Dorf umher und zeigte keine Scheu vor Menschen. Unter anderem versuchte er, auf einen Hof zu gelangen, auf dem sich eine läufige
Haushündin aufhielt. Am gleichen Tage wurde das Tier erneut gesichtet, diesmal in der Ortschaft Granzin, wo es sich aus geringer Entfernung fotografieren ließ.

Diese Beobachtungen bestätigen die Entscheidung, eine Genehmigung zum Beschuss mit Gummigeschossen sowie vorsorglich, zum Abschuss des Tieres zu erteilen. Dabei handelt es sich nicht um eine generelle Genehmigung zum Abschuss. Wölfe sind strengstens geschützt. Es wurde eine
Einzelfallgenehmigung, die nur für den zuständigen Wolfsbetreuer gilt, erteilt. Sie darf nur unter engen Voraussetzungen zur Abwehr von Gefahren für Menschen in ähnlich gelagerten Fällen genutzt werden darf. Hauptziel bleibt, das Tier im Rahmen erneuter Vorfälle wirksam vertreiben zu können.

Hintergrund

Der Wolf ist eine streng geschützte Art nach Washingtoner Artenschutzabkommen, Berner Konvention und der europäischen Naturschutzrichtlinie (FFH-Richtlinie). Auch das Bundesnaturschutzgesetz schützt den Wolf. Es zählt ihn zu den besonders und streng geschützten Arten. Sie unterliegen damit dem umfassenden Schutz der Zugriffs- und Besitzverbote des § 44 BNatSchG. Dies betrifft insbesondere das Töten von Wölfen. Verboten ist auch das Töten eines erkennbar schwer verletzten Wolfs beziehungsweise eines Hybriden, sofern dafür keine ausdrückliche Genehmigung der zuständigen Naturschutzbehörde vorliegt.

Ausnahmen von den Zugriffsverboten des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sind möglich auf der Grundlage des § 45 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG. Sie können u.a. erteilt werden aufgrund der Nr. 4, im Interesse der öffentlichen Sicherheit. Es handelt sich um eine Einzelfallgenehmigung, die einer bestimmten sachkundigen Person erteilt wird, die in der Lage ist abzuschätzen, ob eine entsprechende Vorgehensweise angezeigt ist. Sie gilt nur für das betroffene Tier, das aufgrund seines auffälligen Verhaltens wiederzuerkennen ist. Die Genehmigung wurde aufgrund des besonderen Verhaltens des Tieres erteilt, für den Fall, dass sich eine Gefährdung für Menschen ergeben könnte.

Pressetext: Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein