Kontaktbüro "Wölfe in Sachsen" zum Fall der in Griechenland von Hunden oder Wölfen getöteten Touristin

Tödlicher Angriff auf die Britin Celia Hollingworth in Griechenland, LUPUS Recherche, Kenntnisstand 21.12.2017

Ende September berichteten deutsche Medien (z.B. Süddeutsche Zeitung, 28.09.2017), dass eine britische Touristin in Griechenland von Wölfen getötet worden sei. Daraufhin erhielten das Kontaktbüro bzw. das Lupus Institut (Anmerkung: und die GzsdW) sehr viele Anfragen von Bevölkerung und Medien. Da die vorliegenden Medien-Berichte viele Fragen offen ließen, wurde Kontakt mit einem Vertreter der griechischen NGO Kallisto aufgenommen, welcher in der Large Carnivore Initiative for Europe (LCIE) organisiert ist, sowie mit der Natur- und Umweltschutzorganisation WWF Deutschland, welche in Verbindung mit dem WWF Büro in Griechenland steht. Die Vor-Ort-Erkundigungen der beiden griechischen NGOs ergaben folgenden Sachstand:

Am 21.09.2017 wurde eine 62jährige Britin in Nordgriechenland bei Maroneia von Hunden oder Wölfen angegriffen und getötet. Nach britischen Medienberichten (z.B. The Guardian, 26.09.2017) habe Frau Hollingworth am 21.09. ihre Verwandten in Großbritannien angerufen und berichtet, dass sie von Hunden angegriffen wird. Die Verwandten informierten daraufhin die griechischen Behörden. Überreste ihres Körpers wurden zwei Tage später (am 23.09.2017) in der Nähe von Maroneia gefunden. Der Fundort liegt 3,2 km von der Küste entfernt auf einer unbefestigten Straße.

Bisher wurde kein abschließender forensischer Untersuchungsbericht zur Todesursache veröffentlicht. Es gibt auch noch keine offizielle Stellungnahme der griechischen Behörden zu dem Fall. Ergebnisse von genetischen Analysen liegen bisher ebenfalls nicht vor.

Der zuständige Gerichtsmediziner, Mr. Nikolaos Kifnidis, äußerte sich Medien gegenüber widersprüchlich. Entgegen seiner vorherigen Aussagen, dass Wölfe die Verursacher sein müssten, da u.a. große Knochen durchgebissen worden seien, bestätigte er später im Gespräch mit einem Mitarbeiter von WWF Griechenland, dass zu wenige Überreste vorliegen, um anhand dieser eindeutig den Verursacher festzustellen. Diese Einschätzung wird auch von dem zweiten Gutachter, dem ehemaligen Gerichtsmediziner (Dr.Pavlos Pavlides), geteilt. Dr. Pavlos Pavlides bestätigt gegenüber Kallisto außerdem, dass kein Veterinärpathologe oder eine andere Person mit Erfahrung zu Wildtierangriffen bei der pathologischen Untersuchung anwesend war.

Über eine Auswertung von sichergestellten DNA-Proben soll versucht werden, zu klären, ob Hunde oder Wölfe für den Übergriff verantwortlich sind. Ob hierfür die Expertise ausländischer Labore mit Erfahrung in genetischer Unterscheidung von Wölfen und Hunden herangezogen wurde, ist derzeit unklar.

Um herauszufinden, ob es in diesem Gebiet überhaupt Wölfe gibt, wurde dort ein Wolfsmonitoring initialisiert. Laut Kallisto ist das Gebiet prinzipiell für Wölfe geeignet, es gab dort jedoch kein aktives Wolfsmonitoring. In den letzten Jahren gab es aus diesem Gebiet nur wenige Schadensmeldungen über von Wölfen gerissene Schafe und Ziegen.

Der Tatort befindet sich an einer Schotterpiste, welche zwei Dörfer und archäologische Ausgrabungsstätten miteinander verbindet. Bei aktuellen Vor-Ort-Recherchen wurden von Kallisto an dieser Stelle dreimal in Folge ein 7- bis 8-köpfiges Hunderudel, einige davon große Hunde, sowie eine Ziegenherde angetroffen.

Laut eines griechischen Zeitungsberichtes vom 19.10.2017 (Xanthipress) gibt es in der Gegend zahlreiche Beschwerden über die hohe Zahl streunender Hunde. Anlässlich dieses Falles hat der Wissenschaftsrat des Xanthi-Krankenhauses Daten zu Hundeangriffen aus der Region um die Stadt Xanthi veröffentlicht. Demnach wurden seit 2014 insgesamt 856 Beißvorfälle von streunenden Hunden auf Menschen registriert (223 in 2014; 235 in 2015; 205 in 2016; bisher 193 in 2017).   

Hier       der         Link        zum       griechischen      Zeitungsbericht: http://www.protothema.gr/greece/article/723906/megalo-thema-me-ta-adespota-skulia-stin- xanthi-856-epitheseis-apo-to-2014/

Fazit:

Entgegen der Darstellungen in einigen deutschen Medien-Berichten ist der Fall der getöteten Touristin bisher nicht geklärt. Nach derzeitigem Kenntnisstand liegen keine Beweise oder starke Indizien für eine Beteiligung von Wölfen an diesem Fall vor. Wenn neue Erkenntnisse vorliegen, wird das Kontaktbüro diese bekannt geben.

Aus den letzten 70 Jahren gibt es aus Europa vier Berichte, dass Menschen von nicht tollwütigen Wölfen getötet wurden, vier weitere wurden aus Russland gemeldet (LINNELL et al. 2002).

In Deutschland kann davon ausgegangen werden, dass jährlich 24.000 bis 32.000 Bissverletzungen durch Hunde verursacht werden (Deutsches Ärzteblatt, 19. Juni 2015) und im Durchschnitt 3,6 Menschen durch Hundebisse ums Leben kommen (Statistisches Bundesamt, 2003). In den Jahren von 1979 bis 2001 starben in Deutschland 82 Menschen an Verletzungen durch Hundebisse (Statistisches Bundesamt, 2003).

Quelle: Kontaktbüro "Wölfe in Sachsen", Info-Brief 2017-03